CDU Wuppertal

Rede des ehemaligen Kreisvorsitzenden

zum Kreisparteitag am 23.06.2021


Kreisparteitag 23.06.2021

 

 

Sehr verehrte Damen und Herren,

liebe Parteifreundinnen, liebe Parteifreunde,

liebe Besucher unseres Parteitages,

 

 

wir haben uns heute auf kurze Redebeiträge verständig. Natürlich wegen Corona, aber auch, weil wir die deutsche Nationalelf nach Möglichkeit heute nicht alleine lassen wollen.

 

Deswegen will ich den Rechenschaftsbericht auf vier Bemerkungen beschränken:

 

1.         Zum Zustand der Partei bei Übernahme meines Amtes

2.         Die Handlungsfelder: Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit und

            Erschließung neuer Themen für die CDU

3.         Ausblick für die Zukunft

4.         Verschiedenes: Oder was die EM und John F. Kennedy und Sami Drexel

            mit der CDU zu tun haben

 

1.) Zustandsbeschreibung 

Als der Vorstand mich im Januar 2020 einstimmig gebeten hat, das Amt des kommissarischen Kreisvorsitzenden zu übernehmen, war es um unsere Partei nicht zum Besten bestellt:  

 

  • Die Fraktion hatte sich gerade aus der babylonischen Gefangenschaft in den Armen der SPD gelöst. Aus einer GroKo, der großen Koalition, war ein schwarz/grünes Kernbündnis geworden, welches sich erst einmal inhaltlich und menschlich finden musste. Ein Prozess, der allen viel abverlangt hat.

 

  • Mit dem Wechsel der Koalition hat es abrupte Führungswechsel gegeben:     An der Spitze der Fraktion und an der Spitze der Kreispartei. Bereits auf dem Kreisparteitag war deutlich geworden, dass die CDU Wuppertal zumindest in zwei Lager gespalten war.

 

  • Wir standen ohne einen Oberbürgermeisterkandidaten da. Verschiedene Namen wurden gehandelt, verworfen, teilweise bissig, jedenfalls nicht konstruktiv.

 

  • Ein aufgebauschter Datenskandal.

 

  • Und bundesweit abnehmende Zustimmungswerte für die CDU, eine Medienkampagne eines Wuppertaler Rappers, der die CDU als eine unmoderne Altherrenpartei erschienen ließ

 

  • und schließlich das Wahldebakel in Thüringen, als wir mit Hilfe der Rechten einen bürgerlichen Ministerpräsidenten bestimmt hatten und damit den Feinden der Demokratie aus scheinbar machtpolitischen Erwägungen in den Sattel geholfen haben, was zum Rücktritt der Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidats-Anwärterin führte und das bekannte Ringen um die Nachfolge von Angela Merkel begann.

 

 

Alles in allem:             Eine Situation, die nicht gerade vergnügungssteueranfällig war.

 

[Wenn ein Mitglied der CDU, das 60 Jahre lang unsere Farben in Ehren getragen hat, wegen der Zwietracht in der Partei seinen Mitgliederausweis zurückgab und unsere politischen Freunde uns darauf ansprachen, dass „unser Laden total zerstritten“ sei, so war das ein alarmierendes Zeichen, das uns auch politische geschwächt hat.]

 

2. Die Aufgabe: 

Als ich das Amt des Kreisvorsitzenden kommissarisch übernommen habe, habe ich mir zwei Ziele gesteckt:   

 

  • Dafür zu sorgen, dass die CDU in dieser Situation handlungsfähig wurde.

 

  • Die Ursachen für das Stimmungstief anzugehen und neuen Themen für die CDU zu erschließen.

 

Was die Handlungsfähigkeit angeht, haben wir durch ein hervorragenden inhaltlich und modern geführten Wahlkampf zwar nicht unser Traumziel erreicht, aber sind mit drei Mitgliedern mehr im neuen Rat vertreten, als wir zuvor waren. So stark war die CDU Fraktion personell noch nie. Und noch nie hatte sie sich in den letzten Jahren so stark auch personell neu aufgestellt. Und wie die Zeit seit der Kommunalwahl zeigt, stehen die neuen Gesichter für neue Programme und neue Politikfelder. Es macht Spaß, zu sehen, wie engagiert und neugierig und einsatzfreudig insbesondere auch die neuen Ratsmitglieder unterwegs sind.

 

Zur Handlungsfähigkeit gehörte auch, innerhalb unserer Partei die Bereitschaft herbeizuführen, einen Wissenschaftler höchsten Ranges, besten Leumundes, eloquent, sympathisch und intellektuell fordernd als unseren Oberbürgermeister-Kandidaten, gemeinsam mit den GRÜNEN, zu küren. Dieser Mann bringt alles mit, was man für einen guten Oberbürgermeister braucht. Bis auf ein schwarzes Parteibuch. Es war weder leicht, uns als Partei dahin zu motivieren, einen intellektuellen Grünen zusammen mit der Partei von Bündnis 90/Die Grünen aufzustellen und diesen als unseren eigenen Kandidaten zu akzeptieren. Nur die hohe Intellektualität und Integrität von Uwe Schneidewind war für uns dann auch bestimmend, ihn zu unserem zu machen. Das hat in der Partei nicht nur Freude gegeben. Auch heute weiß ich, dass die Position von Uwe Schneidewind kritisch gesehen wird. Ich selber gehöre auch zu denen, die ihn mehr für die CDU fordern möchten und die, etwa beim Thema Wirtschaft, noch Luft nach oben sehen. Aber:         Wir haben ein solch schweren Entscheidungsprozess gemeinschaftlich gestemmt, wir haben gekämpft und wir haben gewonnen. Mit Uwe Schneidewind haben wir Handlungsfähigkeit gezeigt. Die Wahl, der Wahlkampf, das Ergebnis haben gezeigt:  Die Wuppertaler CDU ist und war handlungsfähig.

 

Die zweite Aufgabe war es, den Gründen für ein Vertrauensverlust in unsere Politik auf den Grund zu gehen und darauf Folgerungen zu ziehen, insbesondere der CDU neue Themen und neue Menschen  zuzuführen.

 

Zur Analyse: 

 

Unsere Welt hat sich radikal verändert. Der Klimawandel, bis vor einigen Jahren ein eher theoretisches Problem, hat mit großen Schritten in unsere Welt Eingang gefunden:   Nach zwei verheerend wasserarmen Sommern mit einem Waldsterben, Wasserknappheit, Aussterben von Insekten und Missernten haben uns vor Augen geführt, dass der Klimawandel nicht nur ein abstraktes Phänomen war. Und nicht nur eins etwa der Grünen:   Mit der Bewegung >Fridays for Future< haben unsere Kinder und Enkelkinder uns keine Zeit gelassen, dieses Thema aufzuschieben. Sie haben uns die Augen geöffnet für die Dringlichkeit, dass die Politik sich ändert. Greta Thunbergs Anklage „I want you to panik!“ hallt mir in den Ohren“.

 

Daneben erleben wir am Arbeitsplatz, allenthalben, eine unerhörte digitale Revolution, die das Alltagsleben nachhaltig verändert, die auch zu Ängsten führt für diejenigen, die glauben, sich damit nicht mehr auseinandersetzen zu können, Versagensängste, Unsicherheiten.

 

Und es ist eine neue Kommunikationskultur ist entstanden:        Durch Internet, Smartphones, Laptops, Smart-TVs und den sozialen Medien sind wir heute nicht nur unter Freunden, sondern weltweit miteinander verbunden. Mit dieser Ausweitung der Kommunikation erfolgte aber auch eine Ausgrenzung:  Derer, die daran nicht mehr teilnehmen können, Intellektuell, finanziell oder weil sie einfach überfordert sind. Diese drehen sich aus der Gesellschaft weg:         Mit allen Folgewirkungen, auch für den politischen Diskurs. Denn dieser findet nicht mehr in den Printmedien, sondern in den sozialen Medien statt, von denen wir wissen, auch wie unsozial diese sein können.

 

Einsamkeit und Vereinsamung inmitten einer globalen Welt.

 

Und neue Themen haben die politische Agenda erobert:

Neue gesellschaftliche Lebensformen, Gender-Debatte, die Erkenntnis, das Rassismus und Antisemitismus bis hin zum Mord an Andersdenkenden, auf einmal in unserer Gesellschaft angekommen sind.

Der Verlust von Autoritäten, die als sichere Fundamente unserer Gesellschaft galten, etwa der Kirchen, der Gewerkschaften auch der politischen Parteien, siehe Maskenbeschaffungsskandale, bestimmen auch einmal unseren politischen Alltag.  

 

Und all dies führte zur Zerrissenheit, zu Unsicherheit, zu dem Gefühl des Versagens an Aufgaben, die vielen Menschen zu groß geraten sind.

 

Und bei all dem haben wir das Wort Pandemie noch gar nicht berührt:     Ein Beispiel dafür, wie klein die Welt geworden ist, wie bedroht wir sind, wie dünn das Eis ist, auf dem wir uns bewegen.  

 

Deswegen ist es mir – wie Sie den zahlreichen Presseveröffentlichungen [über 60] entnehmen können – immer darum gegangen, diese Themen anzusprechen und diesen Themen nicht ausgeliefert zu sein, sondern sie zu gestalten. Neu zu denken, Folgerungen darauf zu ziehen und konsequent zu handeln. Für mehr Diversität, gegen Rassismus, gegen Nationalismus, gegen Rechts, für eine solide Wirtschaft für Chancen und Entwicklungen, für Familien, gegen Ausgrenzung, für den Erhalt des gesellschaftlichen Friedens, für das Annehmen der Herausforderungen der modernen Welt.

 

Mir ist es darum gegangen, zu zeigen, dass wir von unserer christlichen Anschauung diese Themen annehmen können und wollen. Das wir verstanden haben, dass die Welt nicht nur schwarz oder weiß ist, sondern dass wir diese neuen Themen an uns heranlassen müssen. Das wir diese Welt gestalten können, ohne den Rest der Welt auszugrenzen. Und deswegen war es mir ein Anliegen, diesen Transformationsprozess in den letzten anderthalb Jahren ein Stück auf den Weg zu bringen.

 

Dazu beitragen, dass die CDU nicht als altbacken, eindimensional und rückwärts gewandt daher kommt.

 

Unsere Zukunft:        Wir als CDU sind immer wieder gefordert. Zusammen mit den Bündnispartner von Bündnis90/Die Grünen gestalten wir die Stadtpolitik, aber wir müssen höllisch aufpassen, dass aus dem schwarz/grünen Kernbündnis nicht ein grün/schwarzes Kernbündnis wird. Ich sehe mit Sorge, dass neben dem Oberbürgermeister, den viele als den grünen Oberbürgermeister Wuppertals bezeichnen, Marc Schulz, ehemaliger Fraktionsvorsitzender und Bürgermeister, der politische Koordinator in der Öffentlichkeit ist und der Dezernent Arno Minas, ebenfalls mit grünem Parteibuch, Wirtschaft und Umwelt gestalten. Hier hat es die Fraktion schwer, neben der Zusammenarbeit auch gleichzeitig die Akzente zu setzen, die notwendig sind, um unserer CDU-Außendarstellung Eigenständigkeit zu bewahren. Sei es in Verkehrsthemen, sei es in Umweltthemen oder in der Wirtschaft, sei es bei der inneren Sicherheit, wenn einem Unternehmen, wie Oetelshofen, die Rechtssicherheit zur Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen aus ideologischen Gründen in Frage gestellt wird. Hier brauchen Fraktion und Partei eine gemeinsame Strategie, um diesen schwierigen Spagat in der Öffentlichkeitsarbeit bestmöglich zu koordinieren. Wir dürfen unsere Kernthemen nicht verlassen, sondern sie inhaltlich und personell verstärkt bearbeiten, damit nicht der Schwanz mit dem Hund wackelt. 

 

4.

Als Vorsitzender des Kulturausschusses wollte ich liebe Freunde, dazu aufrufen, dass aus den Solisten wieder ein Chor wird.

 

Aber wir haben Fußball EM, deswegen möchte ich meine Metapher anpassen:

Nicht wie die Spaßbremsen, die wie ich jetzt gelesen habe, zur EM plakatieren „Patriotismus?“ Nein, danke! und die Fähnchen schwenkenden Fans die Saat von nationalistischen Denken sehen.

 

Hallo? Wer denkt, den so einen Unsinn?

(Nein, nicht Annalena, die Vorsitzende der Berliner Grünen Jugend)

 

Gegen gesunden Patriotismus im Rahmen der Fussball EM ist doch nichts zu sagen. Natürlich ist Fußball auch politisch. Deswegen ärgere ich mich ja so, dass die Illumination des Stadions in München in den Regenbogenfarben als Zeichen der Toleranz verboten wurde. Chance vertan!

 

Aber eines können wir, für unsere Zukunft, vom Fußball lernen:

 

Sportlichkeit in der Auseinandersetzung,

Mannschaftsbezogenes Denken,

Teamplay und Fairness

 

Der Fußball, das gespielte Leben!

 

Denn insoweit hat John F. Kennedy natürlich – abgewandelt – Recht:

Frage nicht danach, was die Partei für Dich, für Deine Karriere, Dein Fortkommen, Deine Bedeutung, Dein Selbstbewusstsein tun kann, frage, was Du für die CDU Wuppertal tun kannst.“

 

Wenn wir diese Punkte beachten, bin ich mir sicher, dass wir in eine gute Zukunft gehen.

Diejenigen, die mich in den anderthalb Jahren unterstützt haben, sage ich von hier aus und von ganzem Herzen danke. Auch für die Freundschaften, die entstanden sind.

 

Denn, und jetzt komme ich zurück zur Europameisterschaft, bei allem darf man eins nicht vergessen - und das ist jetzt auch wirklich die letzte Anleihe bei Sammy Drechsel -:

Freunde müsst Ihr sein, wenn Ihr Siege wollt gewinnen.“

 

Und hiermit gebe ich mein Amt als kommissarischer Kreisvorsitzender an Sie zurück.